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REITs - die neuen Immobilienaktien

Weltweit erfolgreiches Modell - Nachfrage nach IR-Experten
Von Patrick Kiss, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung: Head of Investor & Public Relations der Deutsche EuroShop AG und Vorstandsmitglied des DIRK

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in der Börsen-Zeitung, Nr. 68, 09.04.2005, Sonderbeilage "Investor Relations", Seite B 5

 

Die Technologiebörse Nasdaq war einst Vorbild für den Neuen Markt. Doch der Versuch, ein in den USA erfolgreiches Börsensegment in Deutschland zu etablieren, scheiterte kläglich. Nun soll es mit der Einführung von REITs (Real Estate Investment Trusts) einen zweiten Versuch geben. Dahinter stecken aber keine dot.coms, keine Nano- oder Biotechnologien, keine übertriebenen Wachstumsfantasien, sondern Betongold - reale Substanz in Form von Immobilien.

Anfang der 60er Jahre wurden in den USA die weltweit ersten REIT-Strukturen eingeführt. Ähnlich der Entwicklung der Nasdaq war es nicht von Beginn an eine Erfolgsstory. Es brauchte einige Jahre, bis sich der lange Zeit ineffiziente Immobiliensektor radikal wandelte. Inzwischen sind knapp 200 REITs mit einer Marktkapitalisierung von über 250 Mrd. US-$ an den US-Börsen gelistet. 18 weitere Länder wie die Niederlande (1969), Australien (1985), Italien (1994) oder Japan (2000) adaptierten das Modell erfolgreich - zuletzt wurde diese Form der Immobiliengesellschaft 2003 in Frankreich eingeführt. In Großbritannien ist die Einführung wie in Deutschland für das kommende Jahr geplant.

Steuertransparenz
REITs sind börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften, die von Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit sind, sofern sie ihre Erträge im Wesentlichen an die Investoren ausschütten und darüber hinaus weitere Voraussetzungen erfüllen. Die Aktionäre versteuern die Dividende mit ihrem persönlichen Steuersatz. Anders als für die Anteilseigner anderer Kapitalgesellschaften soll für sie allerdings nicht das Halbeinkünfteverfahren gelten, bei dem nur die halbe Dividendensumme besteuert wird. Als Mischform aus Immobilienfonds und börsennotierter Immobilien-AG stellen REITs somit ein Vehikel dar, das aufseiten des Investors einem steuertransparenten Direktinvestment in Immobilien gleichkommt, aber im Vergleich dazu wesentlich flexibler ist.

Dividendenorientierung
Die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) hat als maßgeblicher Treiber des Themas für die deutsche Bundesregierung Empfehlungen für ein umfassendes G-REIT-Konzept (German REIT) erarbeitet, das weitgehend auf internationalen Erfahrungen basiert. Demzufolge sollte ein G-REIT mindestens 75 % der Erlöse aus Vermietung, Verpachtung und Verkauf von Immobilien erzielen. Mindestens 90 % des Gewinns müssen als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt werden. Der G-REIT sollte unternehmerisch geprägt sein und sich dadurch klar von passiven Bestandshaltern abheben.

Zeitplan
Für April 2005 ist die Vorlage eines ersten Entwurfs des neuen REIT-Gesetzes geplant, der dann bis zum Herbst in Bundestag und Bundesrat debattiert und verabschiedet werden soll. Das In-Kraft-Treten des Gesetzes ist für Anfang 2006 geplant. Bis dahin sind allerdings noch viele Details zu klären, u.a. die Höhe der Umwandlungssteuer (exit tax). Um die Wandlung in einen REIT attraktiv zu gestalten und die Mobilisierung bestehender Portfolios mit erheblichen stillen Reserven (Differenz zwischen Buchwert und Marktwert) zu unterstützen, ist eine einmalige und zeitlich befristete Halbierung der Ertragsteuerbelastung (inkl. Gewerbesteuer) angedacht. Diese Steuer entstünde auch bei Umwandlung bestehender Rechtsträger in REITs.

Marktpotenzial
Bisher haben deutsche Anleger, die flexibel in Immobilien anlegen wollen, nur zwei Alternativen: offene Immobilien-Fonds und Immobilien-Aktien. Einige Fonds schlitterten 2004 in eine Krise und haben mit Mittelabflüssen sowie Imageschäden zu kämpfen. Auf der anderen Seite gibt es unter den ca. 40 börsennotierten Immobilien-AGs nur drei, die von ihrer Größe und ihrem Börsenumsatz internationalem Niveau entsprechen. Zusammen bringen es die drei Gesellschaften auf eine Marktkapitalisierung von knapp 3 Mrd. €. Dabei ist Deutschland der größte Immobilienmarkt in Europa. Offene und geschlossene Immobilienfonds verwalten zusammen etwa 250 Mrd. € - den größten Teil des institutionell gehaltenen Immobilienvermögens. Die IFD erwartet, dass im Jahr 2010 die Marktkapitalisierung von G-REITs knapp 130 Mrd. € beträgt. Das ist in etwa das derzeitige Volumen des MDAX.

Vorteile für Investoren
REITs bringen die Merkmale von Immobilien in die Aktienwelt: niedriges Risiko, stabile Erträge und relativ hohe Renditen. Mit dieser einzigartigen Kombination qualifizieren sie sich als eine neue Anlageklasse mit geringer Korrelation zu anderen Anlagemöglichkeiten. Investoren können sich mit REITs Portfolios zusammenstellen, die mit ihrem Risiko- und Ertragsprofil zwischen Aktien und Anleihen angesiedelt sind. Das hohe Maß an Transparenz (nicht zuletzt durch die Publizitätspflichten einer AG), eine Mark-to-Market-Bewertung sowie Corporate Governance und Aktionärskontrolle sind der wirksamste Schutz vor finanziellen Schwierigkeiten, die in letzter Zeit teilweise bei deutschen Immobilien-Fonds zu beobachten waren.

Kursschwankungen statt Notverkäufe
Seit 2000 verzeichneten offene Immobilien-Fonds rund 40 Mrd. € Mittelzuflüsse. Das führte zu einem regelrechten Anlagedruck, da Fonds nach dem Kapitalanlagegesetz maximal 50 % Liquidität vorhalten dürfen. Die hohe Immobiliennachfrage trieb die Preise in attraktiven Lagen nach oben. Kommt es wie 2004 zu Mittelabflüssen, kann eine Spirale in die entgegengesetzte Richtung auslöst werden. Diese könnte Fondsmanager zwingen, Objekte zu verkaufen, um die zurückgenommenen Anteilsscheine auszubezahlen. Bei börsennotierten REITs bestimmen dagegen Angebot und Nachfrage den Kurs. Verkaufen viele Anleger ihre REIT-Aktien, kann das zwar Einfluss auf den Kurs haben, nicht aber auf das Portfolio und die Finanzlage der Gesellschaft. Das schützt letztendlich auch den Immobilienmarkt vor großen Schwankungen.

REITs-Vielfalt
Nach Schätzungen von Analysten stehen in Deutschland rund 25 % aller Immobilien als stille Reserven in den Unternehmensbilanzen. Diese könnten mit einer Einbringung in REITs aufgedeckt und die Verkaufserlöse in das Kerngeschäft reinvestiert werden. Die öffentliche Hand könnte auf diesem Weg ihre leeren Kassen auffüllen und zum Entstehen von Wohn-, Büro-, Fabrik-, Schul- oder auch Sportstadien-REITs beitragen.

Steuermehreinnahmen
Das Bundesfinanzministerium würde die Einführung von REITs nicht so wohlwollend begleiten, gäbe es nicht auch Vorteile für den Staat. So schätzt die IFD, dass der Fiskus bis 2015 durch die Umwandlungssteuer, vermehrte Immobilientransaktionen, Dividendenbesteuerung und indirekte Steuereffekte etwa 10-12 Mrd. € zusätzliche Steuern einnehmen könnte.

REITs an der Börse
Es scheint nur Profiteure einer möglichen REITs-Einführung zu geben. Neben den Emittenten, Immobilienbesitzern, Investoren und dem Staat würden auch die Intermediäre, vor allem Banken zusätzliches Geschäft machen. Mit dem so genannten Real Estate Investment Banking stehen sie in den Startlöchern für IPOs, M&A-Transaktionen und alle Arten von Kapitalmaßnahmen. Es ist zu erwarten, dass ganze Produktfamilien wie REIT-Fonds, -Indizes (etwa als Immobilien-Index "IDAX"), -Optionsscheine und -Zertifikate eingeführt werden.

Auswirkung auf Investor Relations
Für die Finanzkommunikation kehren mit REITs die Zeiten zurück, als Aktien noch als Dividendenpapiere bezeichnet wurden. In den Mittelpunkt der Kommunikation werden wieder Themen wie Kurs-Gewinn-Verhältnis, Rendite und Sicherheit gerückt. Es ist mit einer deutlichen Belebung des IR-Jobmarkts durch die Nachfrage vonseiten der REITs zu rechnen. Die Publizitätspflichten von börsennotierten AGs nehmen allgemein zu und gelten auch für REITs. So könnten in den nächsten fünf Jahren etwa 100 IR-Positionen neu geschaffen werden. Bei derzeit etwa nur 800 IR-Profis in Deutschland ist das ein großes Potenzial und eine Chance für Kommunikationsexperten mit Finanz- und Immobilien-Know-how. Der Deutsche Investor Relations Kreis (DIRK) hat sich des Themas bereits angenommen und wird auf seiner Jahreskonferenz einen Workshop zu REITs anbieten.

Besser als ein REIT
Egal, wann G-REITs eingeführt werden, es gibt bereits Immobilien-Aktien wie die Deutsche Wohnen und die Deutsche EuroShop, die aufgrund ihrer speziellen Konstruktion schon heute die Merkmale eines REITs besitzen. Und ihre Aktionäre erhalten die Dividende sogar vollkommen steuerfrei. Aus diesem Grund urteilte das Bankhaus HSBC Trinkaus & Burkhardt kürzlich über die Deutsche EuroShop, eine Immobilienholding, die ausschließlich in Shoppingcenter investiert: "Better than a REIT".


© 2008 by Patrick Kiss

Links

www.boersen-zeitung.de
www.deutsche-euroshop.de
www.dirk.org