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Viele Smax-Titel führen an der Wertpapierbörse ein Schattendasein

Mittlere und kleine Unternehmen zeichnen sich durch solide Qualität und geringe Risiken aus – geringer Streubesitz bremst aber ihre Liquidität

Von Patrick Kiss, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung: Investor Relations Manager, Gontard & MetallBank AG

Geringer Free-Float
Kleine IR-Budgets
Raus auf die Straße

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht im Handelsblatt, Nr. 180, 18.9.2001, Sonderbeilage "Investor Relations", Seite B 4

Das Börsensegment für kleinere und mittlere Unternehmen – der Smax – ist 1999 gestartet. Zu Beginn unterwarfen sich 91 Gesellschaften den strengen Aufnahmevoraussetzungen, die sie im Smax zusätzlich zur ihrer Hauptnotierung im Amtlichen Handel oder Geregelten Markt erfüllen müssen. Nach zweieinhalb Jahren ist die Bilanz eher ernüchternd: Zwar schmückt sich das Segment mit 128 Nebenwerten, die ursprünglichen Ziele von höherer Liquidität und Transparenz sind aber nur zum Teil erfüllt worden.

Während strenge Auflagen zur Quartalsberichterstattung, zum Engagement mindestens eines Designated Sponsors und ab 2002 zur internationalen Rechnungslegung nach IAS oder US-GAAP den Transparenzanspruch sicherstellen, ist es um die Liquidität in der Mehrzahl der Titel oft schlecht bestellt. Der Smax gilt als das Segment mit den niedrigsten Volatilitäten. Nach oben mit Potenzial, nach unten relativ abgesichert. Hinzu kommen geringe Umsätze: Manchmal gibt es in einzelnen Aktien tagelang nur Taxkurse.

Die niedrige Liquidität zeigt nicht zwangsläufig geringes Kaufinteresse. Nachfrage kann schlummern, weil die Equity Story den Anlegern schlicht unbekannt ist. Oft erschweren außerdem die berühmten "festen Hände" den IR-Managern die Arbeit. Institutionelle Anleger müssen oft viel Geduld aufbringen, um sich ein kleines Aktienpaket durch Börsenkäufe zu schnüren. Somit sollten die Unternehmen versuchen, den Streubesitz zu erhöhen. Sie sollten auf Großaktionäre einwirken, einen Teil an freie Aktionäre abzugeben.

Die hohen Publizitäts- und Transparenzanforderungen des Smax sind für die hier notierten kleinen AGs grundsätzlich eine Chance, im internationalen Wettbewerb um Kapital mit guter Investor Relations-Arbeit zu überzeugen. Die Ansprache internationaler Investoren wird durch eine IAS- oder US-GAAP-Rechnungslegung sogar erleichtert. Um das knappe Gut Kapital mitzukonkurrieren, erscheint jedenfalls zukunftsweisender, als dem Smax – wie bereits zu beobachten – mit Hinweis auf hohe IR-Kosten den Rücken zuzukehren.

Nach dem "Investor Relations Monitor 2001" haben Smax-Unternehmen die kleinsten Budgets für Investor Relations. Im Durchschnitt geben sie jährlich 916 000 DM für ihre Finanzkommunikation aus, während es beim größeren Bruder MDax 1,1 Mill. DM, bei Neuer-Markt-Werten 2,2 Mill. DM und in der Dax-Liga immerhin 3,2 Mill. DM sind. Während sich die Smax-Firmen tendenziell auch mit dem Wirkungserfolg ihrer IR-Maßnahmen unzufrieden zeigten, äußerten sich die Firmen der anderen Indizes positiver.

Die Studie offenbart interessante Zusammenhänge zwischen den genutzten IR-Instrumenten und den Wirkungserfolgen. So geben Smax-Unternehmen – in Relation zu AGs der anderen Indizes – einen größeren Teil ihres Budgets für Pressearbeit und Internet aus, aber verhältnismäßig wenig für Roadshows und Investorengespräche. Offensichtlich ist hier die Kommunikation vieler Unternehmen von den Marketing-Erfahrungen der Produktwelt geprägt und konzentriert sich zu stark auf Privatanleger.

Im Sinne der Aktionärsdemokratie ist dies prinzipiell zu begrüßen, denn die Bedeutung der Privatanleger wird steigen. Allerdings geben die Profi-Investoren die Richtung vor: sie müssen besonders mit hochwertigen Informationen versorgt werden. Auf ihrer Suche nach Firmen mit kalkulierbarem Risiko, solider Qualität und einem plausiblen Geschäftsmodell eine oft mangelhafte und passive Finanzkommunikation der Smax-Titel.

Für die Smax-Unternehmen heißt dies also: auf die Reise gehen, um mit ihren kontinuierlichen Gewinnen, günstigen Bewertungen und hohen Dividendenrenditen zu überzeugen. Mindestens zweimal im Jahr sollten sich die Vorstände von Investoren und Analysten "grillen" lassen. Sicher eine unangenehme Vorstellung für Traditionsfirmen - aber sie müssen im Spiel um das Kapital. aus der Deckung hervorkommen.
(Handelsblatt, 18.9.2001)


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